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SCHADENSERSATZ WEGEN PATENTVERLETZUNG

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IM FOKUS

Der Schadensersatz bei Patentverletzung: Mit der zu einer Geschmacksmusterverletzung ergangenen Entscheidung I ZR 246/98 - "Gemeinkostenanteil" hatte der BGH im Jahr 2000 eine Zeitenwende in Sachen "Schadensersatz wegen Patentverletzung" eingeläutet. Plötzlich konnten Patentinhaber von ertragsstarken Verletzern viel effektiver den Verletztergewinn und damit erhebliche höhere Summen als Schadensersatz wegen Patentverletzung verlangen. Es herrschte erhebliche Unsicherheit, welche Faktoren bei der Berechnung des herauszugebenden Verletzergewinns mindernd in Ansatz zu bringen sind. Wie der nachfolgende Beitrag zeigt, hat der BGH beim Thema "Schadensersatz bei Patentverletzung" jetzt mehr Rechtssicherheit geschaffen.

 

Der Verfasser ist als Patentanwalt und Rechtsanwalt seit 2004 federführend in Patentverletzungsverfahren vor den Landgerichten und Oberlandesgerichten tätig und kann daher zum Thema "Schadensersatz wegen Patentverletzung" aus erster Hand berichten.

DAS URTEIL | SCHADENSERSATZ BEI PATENTVERLETZUNG

Der BGH hat sich nochmals der Frage angenommen, wie der als Schadensersatz wegen Patentverletzung herauszugebende Verletzergewinn zu berechnen ist, und im Leitsatz seiner jüngsten Entscheidung X ZR 130/12 – „Kabelschloss“ Folgendes klargestellt:

Bei der Bestimmung des herauszugebenden Anteils des Verletzergewinns, der durch die Benutzung der erfindungsgemäßen Lehre vermittelt worden ist, ist regelmäßig auch zu berücksichtigen, ob und inwieweit die erfindungsgemäße Ausgestaltung oder die damit unmittelbar oder mittelbar verbundenen technischen oder wirtschaftlichen Vorteile für die Abnehmer des Patentverletzers erkennbar waren oder ihnen gegenüber werblich herausgestellt wurden.

HINTERGRUND DER AKTUELLEN ENTSCHEIDUNG DES BGH

Wer schuldhaft ein Patent verletzt, ist verpflichtet, dem Patentinhaber den durch die Patentverletzung entstehenden Schaden zu ersetzen – so lautet die Grundregel, vgl. § 139, Abs. 2 PatG. 

Um den zu ersetzenden Schaden zu berechnen, stehen drei Berechnungsmethoden zur Verfügung:

  • Zahlung einer angemessenen Lizenzgebühr
  • Herausgabe des Verletzergewinns
  • Geltendmachung des dem Patentinhaber entgangenen Gewinns


Die Geltendmachung des entgangenen Gewinns ist bis heute meist ein wenig Erfolg versprechendes Unterfangen – kaum ein Patentinhaber kann nachweisen, welchen Gewinn er gemacht hätte, wenn der Patentverletzer ihm keine Konkurrenz gemacht hätte.

Denn die kausalitätsentscheidende Frage 

wären die Aufträge, die der Patentverletzer erhalten hat, wirklich an den Patentinhaber gegangen, wenn der Patentverletzer sie nicht ausgeführt hätte?“ 

lässt sich nur selten hinreichend sicher mit „ja“ beantworten.

Die Geltendmachung der Herausgabe des Verletzergewinns war bis zum Jahr 2000 im Regelfall ebenfalls keine echte Option, denn die rechtlichen Rahmenbedingungen waren bis dahin so, dass die Patentverletzer ihren Gewinn regelmäßig bis in einen uninteressanten Bereich hinein „kleinrechnen“ konnten. 

Mit dem eigentlich wegen einer Geschmacksmusterverletzung ergangenen BGH Urteil I ZR 246/98 – „Gemeinkostenanteil“ änderten sich die rechtlichen Rahmenbedingungen schlagartig. Das Pendel schlug heftig in die andere Richtung aus, denn der BGH hatte folgende Leitsätze herausgegeben:

  • Ist gemäß § 14a, Abs. 1, Satz 2 GeschmMG Schadensersatz durch Herausgabe des Verletzergewinns zu leisten, dürfen Gemeinkosten nur abgezogen werden, wenn und soweit sie ausnahmsweise den schutzrechtsverletzenden Gegenständen unmittelbar zugerechnet werden können.
  • Der Verletzer kann bei der Bestimmung der Höhe des Verletzergewinns nicht geltend machen, dieser beruhe teilweise auf besonderen eigenen Vertriebsleistungen.


Diese Leitzsätze wurden in der Folgezeit zunächst sehr konsequent angewandt. Das führte dann in der Praxis in einer Reihe von Fällen dazu, dass ohne Berücksichtigung der Frage, wie wichtig das verletzte Patent eigentlich für den Verkaufserfolg des patentverletzenden Produkts war, Schadensersatzbeträge zugesprochen wurden, die ohne weiteres bei 20% bis 25% des Umsatzes lagen, die der Patentverletzer mit den patentverletzenden Produkten gemacht hatte. 

Inzwischen hat sich das Pendel im Laufe der Jahre wieder eingeschwungen. Der BGH hat mit der vor nicht allzu langer Zeit veröffentlichten Entscheidung X ZR 51/11 – „Flaschenträger“ nun nochmals Klarheit geschaffen und Folgendes festgelegt:

  • Der Schutzrechtsverletzer ist verpflichtet, den durch die Verletzungshandlungen erzielten Gewinn vollständig insoweit, aber auch nur insoweit herauszugeben, als er auf der Benutzung des immateriellen Schutzguts beruht.
  • Für die Bestimmung des Anteils des herauszugebenden Verletzergewinns ist bei einer Patentverletzung wertend zu bestimmen, ob und in welchem Umfang der erzielte Gewinn auf den durch die Benutzung der Erfindung vermittelten technischen Eigenschaften des Produkts oder anderen für die Kaufentscheidung der Abnehmer erheblichen Faktoren beruht. Die Höhe des herauszugebenden Verletzergewinns ist insoweit vom Tatrichter unter Würdigung aller Umstände des Einzelfalls nach freier Überzeugung zu schätzen.


Damit ist klar, dass die Kausalität ein maßgebliches Kriterium für die Entscheidung der Frage ist, in welcher Höhe der Patentverletzer seinen Gewinn herauszugeben hat. Die insoweit entscheidenden Gesichtspunkte hat das Oberlandesgericht in seinem der BGH-Entscheidung „Flaschenträger“ vorangehenden Urteil sehr anschaulich auf den Punkt gebracht:

Vom Patentverletzer ist derjenige Gewinn herauszugeben, der gerade durch die rechtswidrige Benutzung des fremden Schutzrechts erzielt worden ist. Hierbei geht es nicht alleine um die Frage der haftungsausfüllenden Kausalität, sondern auch darum, einen "billigen" Ausgleich dafür zu schaffen, dass der Verletzer sich durch die widerrechtliche Ausnutzung des Patents an die Stelle des Rechtsinhabers gesetzt und die diesem zustehenden Vorteile gezogen hat. 

Der Ansatzpunkt für die Ermittlung des Verletzergewinns ist daher die Frage, in welchem Maß die widerrechtliche Nutzung der Erfindung die Kaufentscheidung verursacht oder mitverursacht hat. 

Das Gericht muss feststellen, welche Faktoren den Kaufentschluss beeinflusst haben, und diese Faktoren bei der Schadensschätzung wertend gewichten. 

Bei der Verletzung von Patenten durch den Verkauf verletzender Gegenstände besteht in der Regel kein Anhalt dafür, dass der Verletzergewinn in vollem Umfang auf der Nutzung des Patents beruht. Lediglich in Ausnahmefällen kommt dies in Betracht, wenn z. B. die Erfindung ein völlig neues Produkt hervorgebracht hat, das neue Einsatzgebiete erschließt und für das es keine äquivalenten, nicht schutzrechtsverletzenden Ausweichmöglichkeiten gibt. Dort, wo es jedoch nur um Detailverbesserungen vorbekannter, tauglicher Vorrichtungen geht, wirkt sich der nur begrenzte Schutzumfang des an sich umgehbaren Patents auch nur in begrenztem Umfang auf den Kaufentschluss aus. Somit ist in einem solchen Fall auch nur ein geringerer Teil des Verletzergewinns herauszugeben.

Hieraus ergibt sich das Fazit, dass gerade dort, wo der Patentverletzer aus Unachtsamkeit ein mehr oder minder unbedeutendes Patent verletzt hat, das er leicht hätte umgehen können, der Anspruch auf Herausgabe des Verletzergewinns einiges von seinem Schrecken verloren hat, den ihm das im Jahr 2000 die Wende bringende BGH-Urteil „Gemeinkostenanteil“ zunächst eingehaucht hatte.

Dennoch gilt, dass die erfolgreiche Geltendmachung und Abwehr von Ansprüchen auf Herausgabe des Verletzergewinns nach wie vor nicht nur einen routinierten Umgang mit der technischen Materie erfordern, sondern auch fundierte juristisch-praktische Erfahrung auf diesem Gebiet notwendig ist.

WEITERE INFOS | SCHADENSERSATZ DES LIZENZNEHMERS

Leser, die an weiteren Informationen zum Thema "Schadensersatz wegen Patentverletzung" interessiert sind, möchte ich auf meinen thematisch verwandten Beitrag "Schadensersatz des Lizenznehmers bei Patentverletzung" hinweisen.

 

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Der BGH hat sich nochmals der Frage angenommen, wie der als Schadensersatz wegen Patentverletzung herauszugebende Verletzergewinn zu berechnen ist, und im Leitsatz seiner jüngsten Entscheidung X ZR 130/12 – „Kabelschloss“ Folgendes klargestellt:

Bei der Bestimmung des herauszugebenden Anteils des Verletzergewinns, der durch die Benutzung der erfindungsgemäßen Lehre vermittelt worden ist, ist regelmäßig auch zu berücksichtigen, ob und inwieweit die erfindungsgemäße Ausgestaltung oder die damit unmittelbar oder mittelbar verbundenen technischen oder wirtschaftlichen Vorteile für die Abnehmer des Patentverletzers erkennbar waren oder ihnen gegenüber werblich herausgestellt wurden.

„Wären die Aufträge, die der Patentverletzer erhalten hat, wirklich an den Patentinhaber gegangen, wenn der Patentverletzer sie nicht ausgeführt hätte?“ 

lässt sich nur selten hinreichend sicher mit „ja“ beantworten.

Die Geltendmachung der Herausgabe des Verletzergewinns war bis zum Jahr 2000 im Regelfall ebenfalls keine echte Option, denn die rechtlichen Rahmenbedingungen waren bis dahin so, dass die Patentverletzer ihren Gewinn regelmäßig bis in einen uninteressanten Bereich hinein „kleinrechnen“ konnten. 

Mit dem eigentlich wegen einer Geschmacksmusterverletzung ergangenen BGH Urteil I ZR 246/98 – „Gemeinkostenanteil“ änderten sich die rechtlichen Rahmenbedingungen schlagartig. Das Pendel schlug heftig in die andere Richtung aus, denn der BGH hatte folgende Leitsätze herausgegeben:

  • Ist gemäß § 14a, Abs. 1, Satz 2 GeschmMG Schadensersatz durch Herausgabe des Verletzergewinns zu leisten, dürfen Gemeinkosten nur abgezogen werden, wenn und soweit sie ausnahmsweise den schutzrechtsverletzenden Gegenständen unmittelbar zugerechnet werden können.
  • Der Verletzer kann bei der Bestimmung der Höhe des Verletzergewinns nicht geltend machen, dieser beruhe teilweise auf besonderen eigenen Vertriebsleistungen.


Diese Leitzsätze wurden in der Folgezeit zunächst sehr konsequent angewandt. Das führte dann in der Praxis in einer Reihe von Fällen dazu, dass ohne Berücksichtigung der Frage, wie wichtig das verletzte Patent eigentlich für den Verkaufserfolg des patentverletzenden Produkts war, Schadensersatzbeträge zugesprochen wurden, die ohne weiteres bei 20% bis 25% des Umsatzes lagen, die der Patentverletzer mit den patentverletzenden Produkten gemacht hatte. 

Inzwischen hat sich das Pendel im Laufe der Jahre wieder eingeschwungen. Der BGH hat mit der vor nicht allzu langer Zeit veröffentlichten Entscheidung X ZR 51/11 – „Flaschenträger“ nun nochmals Klarheit geschaffen und Folgendes festgelegt:

  • Der Schutzrechtsverletzer ist verpflichtet, den durch die Verletzungshandlungen erzielten Gewinn vollständig insoweit, aber auch nur insoweit herauszugeben, als er auf der Benutzung des immateriellen Schutzguts beruht.
  • Für die Bestimmung des Anteils des herauszugebenden Verletzergewinns ist bei einer Patentverletzung wertend zu bestimmen, ob und in welchem Umfang der erzielte Gewinn auf den durch die Benutzung der Erfindung vermittelten technischen Eigenschaften des Produkts oder anderen für die Kaufentscheidung der Abnehmer erheblichen Faktoren beruht. Die Höhe des herauszugebenden Verletzergewinns ist insoweit vom Tatrichter unter Würdigung aller Umstände des Einzelfalls nach freier Überzeugung zu schätzen.


Damit ist klar, dass die Kausalität ein maßgebliches Kriterium für die Entscheidung der Frage ist, in welcher Höhe der Patentverletzer seinen Gewinn herauszugeben hat. Die insoweit entscheidenden Gesichtspunkte hat das Oberlandesgericht in seinem der BGH-Entscheidung „Flaschenträger“ vorangehenden Urteil sehr anschaulich auf den Punkt gebracht:

Vom Patentverletzer ist derjenige Gewinn herauszugeben, der gerade durch die rechtswidrige Benutzung des fremden Schutzrechts erzielt worden ist. Hierbei geht es nicht alleine um die Frage der haftungsausfüllenden Kausalität, sondern auch darum, einen "billigen" Ausgleich dafür zu schaffen, dass der Verletzer sich durch die widerrechtliche Ausnutzung des Patents an die Stelle des Rechtsinhabers gesetzt und die diesem zustehenden Vorteile gezogen hat. 

Der Ansatzpunkt für die Ermittlung des Verletzergewinns ist daher die Frage, in welchem Maß die widerrechtliche Nutzung der Erfindung die Kaufentscheidung verursacht oder mitverursacht hat. 

Das Gericht muss feststellen, welche Faktoren den Kaufentschluss beeinflusst haben, und diese Faktoren bei der Schadensschätzung wertend gewichten. 

Bei der Verletzung von Patenten durch den Verkauf verletzender Gegenstände besteht in der Regel kein Anhalt dafür, dass der Verletzergewinn in vollem Umfang auf der Nutzung des Patents beruht. Lediglich in Ausnahmefällen kommt dies in Betracht, wenn z. B. die Erfindung ein völlig neues Produkt hervorgebracht hat, das neue Einsatzgebiete erschließt und für das es keine äquivalenten, nicht schutzrechtsverletzenden Ausweichmöglichkeiten gibt. Dort, wo es jedoch nur um Detailverbesserungen vorbekannter, tauglicher Vorrichtungen geht, wirkt sich der nur begrenzte Schutzumfang des an sich umgehbaren Patents auch nur in begrenztem Umfang auf den Kaufentschluss aus. Somit ist in einem solchen Fall auch nur ein geringerer Teil des Verletzergewinns herauszugeben.

Hieraus ergibt sich das Fazit, dass gerade dort, wo der Patentverletzer aus Unachtsamkeit ein mehr oder minder unbedeutendes Patent verletzt hat, das er leicht hätte umgehen können, der Anspruch auf Herausgabe des Verletzergewinns einiges von seinem Schrecken verloren hat, den ihm das im Jahr 2000 die Wende bringende BGH-Urteil „Gemeinkostenanteil“ zunächst eingehaucht hatte.

Dennoch gilt, dass die erfolgreiche Geltendmachung und Abwehr von Ansprüchen auf Herausgabe des Verletzergewinns nach wie vor nicht nur einen routinierten Umgang mit der technischen Materie erfordern, sondern auch fundierte juristisch-praktische Erfahrung auf diesem Gebiet notwendig ist.

Um den zu ersetzenden Schaden zu berechnen, stehen drei Berechnungsmethoden zur Verfügung:

  • Zahlung einer angemessenen Lizenzgebühr
  • Herausgabe des Verletzergewinns
  • Geltendmachung des dem Patentinhaber entgangenen Gewinns


Die Geltendmachung des entgangenen Gewinns ist bis heute meist ein wenig Erfolg versprechendes Unterfangen – kaum ein Patentinhaber kann nachweisen, welchen Gewinn er gemacht hätte, wenn der Patentverletzer ihm keine Konkurrenz gemacht hätte.

 

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