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PINAR SOSIS | BGH: RECHTSERHALTENDE BENUTZUNG EINER MARKE

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SACHVERHALT UND ERGEBNIS

17.11.2014: Der Bundesgerichtshof entscheidet unter dem Stichwort "Pinar Sosis" erneut zum durch § 26 MarkenG vorgegebenen Benutzungszwang für eingetragene Marken.

Der BGH kommt dabei zu dem Ergebnis, dass die für Fleisch- und Wurstwaren eingetragene Wortmarke "Pinar" ausnahmsweise auch durch das Zeichen "Pinar Sosis" rechtserhaltend benutzt wurde.

Laut der Entscheidung BGH  I ZR 114/13 ist nach dem Grundsatz der gespaltenen Verkehrsauffassung zu berücksichtigen, dass die mit dem Zeichen "Pinar Sosis" gekennzeichneten Produkte in Deutschland weit überwiegend in türkischen Lebensmittelgeschäften an der türkischen Sprache mächtige Kunden vertrieben werden, sodass ausnahmsweise nicht das Verständnis der Gesamtheit der Verbraucher in Deutschland maßgeblich ist.

Die türkischen Kunden haben erkannt, dass "Sosis" nichts anderes als "Würstchen" heißt und haben die Bezeichnung "Pinar Sosis" daher nicht als von der eingetragenen Marke "Pinar" abweichende Kombinationsmarke aufgefasst, sondern sind davon ausgegangen, dass in dem Begriff "Pinar Sosis" lediglich der Bestandteil "Pinar" die Marke ist, während "Sosis" ein rein beschreibender und daher für die Erfüllung des Benutzungszwangs unerheblicher Zusatz ist.

Somit lag eine rechtserhaltende Benutzung vor. 

EINZELHEITEN ZUM FALL "PINAR SOSIS"

Grundsätzlich gilt, dass eingetragene Marken nach einer Benutzungsschonfrist von fünf Jahren in der Form benutzt werden müssen, in der sie in das Markenregister eingetragen wurden – was in der Praxis häufig übersehen wird. Geschieht das nicht, dann verfallen sie wegen Nichtbenutzung

Ein aufgrund dessen immer wieder zu Streitigkeiten führendes Problem ist, dass ein als Marke eingetragenes Zeichen im Regelfall nicht isoliert benutzt wird, sondern in mehr oder minder engem Verbund mit anderen Zusätzen in der Gestalt von zusätzlichen Wortelementen oder zusätzlichen Grafikelementen.

Dann stellt sich die Frage, ob

diese Zusätze von den maßgeblichen Verkehrskreisen als bloße Zutat erkannt werden, die unabhängig neben dem Zeichen stehen, das die eingetragene Marke bildet, und deren Identität unverändert lässt,

oder ob die maßgeblichen Verkehrskreise zu der Auffassung kommen, dass diese Zusätze mit dem als Marke eingetragenen Zeichen verschmelzen und dadurch ein neues Zeichen bilden – ein eigenständiges Kombinationszeichen, das mit dem als Marke eingetragenen Zeichen nicht mehr identisch ist.

Im letztgenannten Fall fehlt es an einer rechtserhaltenden Benutzung des ursprünglich als Marke eingetragenen Zeichens.

Im vorliegenden Fall war es so, dass für den türkischen Fleischwarenhersteller seit langem das Zeichen "Pinar" als Marke eingetragen war. Dieses Zeichen wurde aber nicht in Alleinstellung benutzt, sondern aufgrund der konkreten grafischen Aufmachung in sehr engem Verbund mit dem Zusatz "Sosis", dessen rein beschreibende Bedeutung sich den deutschen Verkehrskreisen mangels hinreichender Türkischkenntnisse nicht erschließt.

Aufgrund dessen konnte man bei oberflächlicher Analyse davon ausgehen, dass die deutschen Verkehrskreise bei Betrachtung der nebenstehenden Würstchendose zu dem Schluss kommen mussten, dass das Zeichen "Pinar Sosis" hier die Marke ist, unter der diese Würstchen vertrieben werden.

Die Benutzung des Zeichens "Pinar Sosis" hätte allerdings nach ständiger Rechtsprechung nicht ausgereicht, um das als Marke eingetragene Zeichen "Pinar" rechtserhaltend zu benutzen.

Die besondere Bedeutung des vom Bundesgerichtshof entschiedenen Falls liegt allerdings darin, dass der BGH die Tatsache berücksichtigt hat, dass diese Würstchen zu mehr als 80 % über türkische Supermärkte verkauft werden, in denen der überwiegende Teil der Kunden der türkischen Sprache mächtig ist. Der maßgebliche Kundenkreis hat daher anerkannt, dass der Zusatz "Sosis" nichts anderes als „Würstchen“ heißt. Diese Kunden verstehen das Zeichen "Pinar Sosis" also nicht als Kombinationsmarke aus zwei abstrakten Markenwörtern, sondern als die aus dem Wort "Pinar" bestehende Marke, die mit dem rein beschreibenden Zusatz „Würstchen“ versehen ist.

Berücksichtigt man dies, wie seitens des BGH geschehen, dann muss man zu dem Schluss kommen, dass die Marke "Pinar" in der Tat in ihrer eingetragenen Form und damit rechtserhaltend benutzt worden ist.